Aktualisiert am 14/08/2022 von Gina
Rosario
Unsere drei Wochen in Buenos Aires sind vorbei. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschieden wir uns von der Stadt, die uns sehr fasziniert hat.
Nun geht es weiter Richtung Norden, immer am Rio Paraná entlang.
Im dritten Anlauf ist es uns gelungen, Bustickets für die Fahrt nach Rosario zu erstehen. (Merke: wenn in Argentinien die Vorlage eines Ausweises verlangt wird, reicht ein Handyfoto vom Pass völlig aus!)
Auf der Fahrt kommen wir an weiten, überfluteten Flächen vorbei. Nach den heftigen Regenfällen der letzten Wochen gab es viele Überschwemmungen entlang des Paraná.
In Rosario am späten Nachmittag angekommen, nutzen wir das schöne Wetter für einen Spaziergang zum Fluss. Entlang des Ufers, der costanera, gibt es viele Grünflächen, wo sich Familien, Paare, Freunde treffen und den Tag ausklingen lassen.
Sightseeing im Regen
Am Sonntag ist uns das Wetter nicht mehr hold, es ist grau und deutlich kühler geworden. Wegen Hochwassers und schlechtem Wetter findet keine der geplanten Schiffstouren statt, die zu der gegenüberliegenden Inselwelt geführt hätte.
Immerhin hat das monströse Monumento de la Bandera geöffnet. Hier wird mit viel Nationalstolz der Stelle gedacht, an der zum ersten Mal die neue Nationalflagge des gerade unabhängig gewordenen Staates gehisst wurde. Oben von Turm hat man einen grandiosen Blick auf das ausgedehnte Flussdelta.
Wegen eines Fußballspiels hat das Museum zur Stadtgeschichte geschlossen. Auch das Zentrum mit seinem geschlossenen Geschäften wirkt ziemlich tot.
In unserer Wohnung ist es kalt und ungemütlich. Es gibt keine Heizung. Zudem pfeift der kalte Wind durch diverse Lüftungsgitter ungehindert hinein. So fällt uns die Entscheidung nicht schwer, unseren Aufenthalt hier nicht zu verlängern, sondern am Dienstag abzureisen.
Museo de las Bellas Artes
Der Montag kommt mit Kälte und Regen. Wir ziehen nochmal durch die Stadt. Das Museum zur Stadtgeschichte hat montags immer geschlossen. Also besuchen wir das Museo de las Bellas Artes, das eine interessante Gegenüberstellung von klassischen und modernen Kunstwerken zeigt. Auch ein originell gestaltetes Café finden wir, in dem wir uns zwischendurch wieder aufwärmen können.
Ohne Bedauern packen wir unsere Backpacks. Es lag mit Sicherheit auch am trüben Wetter und der suboptimalen Wohnung, aber Rosario hat uns nicht in seinen Bann ziehen können.
Und es gibt auch wieder ein Video, über Rosario, über die Schwierigkeiten, Bustickets zu erwerben und über kreative Lösungen zur Abdichtung von überdimensionierten Lüftungslöchern…
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Santa Fé
Aus den geplanten drei Nächten in Santa Fe werden sechs, weil wir uns so wohl fühlen. Wir haben eine super Wohnung und die Stadt gefällt uns sehr gut. Auch wenn es noch kalt ist, kommt immerhin wieder die Sonne zum Vorschein.
Es gibt ein hübsches historisches Zentrum, mit einem Kloster aus der Kolonialzeit und anderen schönen Gebäuden und Museen.
Der ehemalige Hafen, seiner ursprünglichen Funktion weitgehend beraubt, geht den Weg vieler Häfen und wird mit Shopping-Malls, schicken Hotels und exklusiven Sportclubs aufgehübscht.
Im Museo del Puerto lernen wir Graciela kennen. Sie zeigt uns mit viel Verve „ihr“ Museum, in dem die Geschichte des Hafenbaus Anfang des 20. Jahrhunderts dargestellt wird. Außerdem beeindruckt sie uns mit ihrem sozialen Engagement: sie baut mit Kindern aus den ärmsten Stadtvierteln Modelle von alten Flussschiffen nach und holt sie damit von der Straße.
Ein paar Tage später treffen wir uns noch mal mit Graciela. Sie fährt uns mit dem Auto rum und zeigt uns ein paar Sachen, dann gehen wir zusammen Kaffee trinken und unterhalten uns anregt.
Das Wahrzeichen von Santa Fe ist die Hängebrücke, die optisch an die Golden-Gate-Bridge von San Francisco erinnert.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses, der hier 25 Kilometer breit ist, liegt die Stadt Paraná. In einem Tagesausflug erkunden wir den hübschen, gepflegten Ort.
In einer interessanten Führung bekommen wir die Brauerei Santa Fe gezeigt, die 1912 von einem deutschen Einwanderer gegründet wurde. Das Bier schmeckt ähnlich wie unser heimisches Kölsch.
Wir haben Glück: während unseres Aufenthalts findet die Nacht der Museen statt. Mit Kind und Kegel strömen die Santafesinos durch die Straßen und in die Museen.
Wir schauen uns u. a. eine Tango-Gesangsdarbietung, die Demonstration alter Barbierkunst und das etwas verstaubte Eisenbahnmuseum an.
Zum Abschluss unserer Zeit in Santa Fe machen wir an einem sonnigen Sonntag eine Schiffstour auf dem immer noch Hochwasser führenden Fluss. Durch die teils überschwemmte Inselwelt erahnt man die unglaubliche Weite des Flusssystems.
Inzwischen haben wir endlich das nächste Reiseziel festgelegt: statt in die Stadt Corrientes geht es erstmal in die Natur. Uns lockt die zweitgrößte Feuchtlandschaft der Welt, die Esteros de Iberá. Der Weg dorthin könnte abenteuerlich werden, aber um Abenteuer zu erleben sind wir ja schließlich unterwegs!
Unsere Eindrücke von Santa Fe gibt es natürlich auch wieder als Video:
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Mit dem Bus in die Provinz reisen
Das klassische Fortbewegungsmittel in Argentinien, wie in ganz Südamerika ist der Bus. Sei es im Nahverkehr, wo ganze Rudel von Bussen durch die Straßen rattern wie auch im Fernverkehr, wie schon Christian und Claudia in ihrem Blog berichten. In den großen Städten gibt es riesige Busterminals, wie bei uns Bahnhöfe. Geschäfte, Restaurants und eine lange Reihe von Ticketschaltern – denn jede Gesellschaft hat ihren eigenen Schalter und es gibt viele Unternehmen!
Jede Gesellschaft hat unterschiedliche Komfortklassen, z. B. Semi-Cama, Cama, Cama ejecutivo. Selbst die einfachste dieser Klassen, Semi-Cama, ist komfortabler und bietet mehr Platz, als wir das von europäischen Bussen gewohnt sind.
Bis jetzt haben wir uns immer mit Direktverbindungen von A nach B bewegt. Nun geht es in entlegene Gebiete. Das bedeutet umsteigen.
Im tiefsten Inneren der Provinz Corrientes liegt das Naturreservat Esteros de Iberá, das zweitgrößte Sumpfgebiet der Welt. Unser Reiseführer widmet ihm nur eine halbe Seite, aber das reicht, um uns neugierig zu machen. Auf unserer Reise durch Argentinien steht uns nach viereinhalb Wochen in lauten Großstädten der Sinn nach Ruhe und Natur. Also wird flugs umgeplant und statt der Stadt Corrientes das kleine Dorf Colonia Carlos Pellegrini als Ziel auserkoren. Zuvor informieren wir uns natürlich, ob wir bei der augenblicklichen Hochwassserlage die Sümpfe von Iberá überhaupt erreichen können. Nachdem das geklärt ist, kann es losgehen.
Recherche und Buchung
Über die App von Plataforma 10 haben wir herausgefunden, wie wir von Santa Fe zu der Kleinstadt Mercedes gelangen können. In Santa Fe können wir allerdings nur das Ticket bis Curuzú Cuatía lösen, wo wir umsteigen müssen. Um kurz nach Mitternacht geht es los und um fünf Uhr morgens kommt der Bus an. Zum Umsteigen haben wir etwa eine halbe Stunde Zeit. Wenn das nicht klappt, fährt der nächste Bus fünf Stunden später.
Zum Glück dürfen wir bis neun Uhr abends in der Unterkunft bleiben, de facto bis zehn, da wir noch fast eine Stunde mit unserer Vermieterin Virginia plaudern. So müssen wir nur zwei Stunden am Terminal warten.
Nachts am Busbahnhof
Um Mitternacht steigt die Spannung. Wo wird unser Bus halten? Bei der Buchung wird nur ungefähr mitgeteilt, an welchem Bussteig das Fahrzeug ankommt, so dass wir die Plataformas 4 bis 7 im Auge behalten müssen. Es gibt zwar eine elektronische Anzeigetafel. Die ist allerdings so eingestellt, dass sich die Spalten gegenseitig überlagern und daher die Angabe der Plataforma nicht sichtbar ist. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass die Anzeige des Busunternehmens nicht unbedingt mit der auf dem Ticket übereinstimmt – und auch nicht zwangsläufig mit dem, was auf dem Bus selber steht. Ach ja, und die Abfahrtszeit kann auch abweichen. Es ist also durchaus spannend, den richtigen Bus zu erwischen.
Wir wissen, dass unser Bus von Córdoba kommt und nach Puerto Iguazú fährt. Auf unserem Fahrschein von Expresso Singer steht 0:10 als Abfahrtszeit. Auf der Anzeige erscheint ein Bus, der um 0:15 nach Iguazú fährt, von Unternehmen Mercosur/….(Rest nicht lesbar, weil Spalte zu schmal).
Um fünf nach zwölf stellen wir uns draußen hin und behalten die Plataformas 4 bis 7 im Blick. Ein Bus nach dem anderen kommt und fährt wieder, aber nicht unserer. Bei Zielen, die ich nicht kenne oder wenn keines ersichtlich ist, frage ich bei den Fahrern nach, ernte aber nur bedauerndes Kopfschütteln. Zigmal wandern wir zwischen Bussteigen und Anzeigetafel hin und her. Schließlich ist der 0:15 Bus von der Anzeige verschwunden. Wir haben ihn nicht gesehen. Sollte er doch in einem anderen Bereich gehalten haben? Langsam befürchten wir, unseren Bus verpasst zu haben.
Um kurz vor halb eins laufe ich zum Schalter von Expresso Singer, der am anderen Ende des Terminals liegt. Die Angestellte zieht sich gerade den Mantel an. Ich halte mein Ticket hoch und bevor ich fragen kann, sagt sie: “Der Bus fährt gerade ein! ”
Ich eile mit der frohen Kunde zu Marcus zurück, und kurz darauf fährt tatsächlich unser Bus vor. Erleichtert lassen wir uns in die bequemen Sitze fallen. Es bleibt allerdings spannend, denn der Bus hat eine halbe Stunde Verspätung. Das ist genau unsere Umsteigezeit in Curuzú Cuatía. Und wir müssen in der Zeit auch noch das Ticket für den nächsten Bus kaufen!
Nächtliche Busfahrt
Aber zunächst versuchen wir, ein bisschen Schlaf zu kriegen. Nachdem wir den Pacsafe mit unseren Wertsachen am Sitz festgeschlossen haben, werden Nackenhörnchen platziert und als Schlafbrillenersatz Bufftücher über die Augen gezogen. Auf wärmende Jacken und Schals zum Zudecken können wir in diesem Bus getrost verzichten. Sind normalerweise südamerikanische Busse auf mitteleuropäische Herbsttemperaturen runtergekühlt, bullert in diesem die Heizung auf Höchststufe. Ich entledige mich einer weiteren Kleidungsschicht und hoffe, dass ich nachher im Dunkeln alles wiederfinde. Trotz der Hitze und des Rappelns der Achse unter uns können wir ein wenig schlafen.
Ich habe den Eindruck, der Bus heizt ziemlich über die Strecke und hoffe, er wird die Verspätung in den nächsten fünf Stunden wieder einholen.
Umsteigen in Curuzú Cuatía
Diese Hoffnung erweist sich als vergebens. Als wir im Terminal von Curuzú Cuatía ankommen, ist Aufgabenteilung nach individuellen Talenten angesagt: Marcus (Muskeln) stellt sich am Kofferraum an, um unser Gepäck zu holen, Gina (Sprachkenntnisse) spurtet zum nebenstehenden Bus, der mit laufendem Motor abfahrbereit steht, fragt den Beifahrer, wo es die Tickets zu kaufen gibt (drinnen, in der boletería). Nachdem ich geistesgegenwärtig frage, an welchem Schalter (was gut war: im Internet stand der Bus als Ersa, auf dem Bus steht Albizzatti und der Schalter ist mit Sylvia beschriftet!) begleitet mich der freundliche Mensch zum Schalter, den ein motorradbehelmter Mitarbeiter gerade verlässt. Zwei Tickets verkauft er uns trotzdem noch. Als ich raus komme, steht Marcus immer noch am Bus, sein Rucksack ist in der letzten Ecke gelandet. Aber schließlich haben wir unsere Sachen beisammen.
Zu unserem Erstaunen wird im anderen Bus nicht der Kofferraum geöffnet, sondern wir sollen die beiden großen Gepäckstücke mit hinein nehmen. Dort versperren sie den Gang, aufs WC kommt man auch nicht mehr, aber das scheint niemanden zu stören. Auch dass unsere Sitzplatznummern auf dem Ticket nicht im Bus existieren (okay, das kennen wir auch von der Deutschen Bahn?), ist nicht schlimm, andere Fahrgäste erklären uns, wo wir sitzen sollen. Es ist nämlich so, dass die Plätze 11 und 12 auf dem Ticket den Plätzen 54 und 55 oder so im Bus entsprechen. Ist klar!
Ankunft in Mercedes
Anderthalb Stunden und ein Nickerchen später erreichen wir bei Sonnenaufgang Mercedes.
Der kleine Busbahnhof ist fest in der Hand einer resoluten Dame, an die wir uns wenden, um zu erfahren, wie wir nach Colonia Carlos Pellegrini, unserem endgültigen Ziel gelangen können. Sie erklärt uns, dass der Bus mal so, mal anders führe. Dann winkt sie uns, ihr zu einem klapprigen Bus zu folgen, der gerade angekommen ist. Der Fahrer sagt, dass er um zwölf Uhr nach Carlos Pellegrini startet.
Bis dahin können wir uns in dem verschlafenen Busbahnhof die Zeit vertreiben. Es ist gerade mal kurz nach sieben. Eine kleine Cafeteria bietet Frühstück an und wir stärken uns mit Kaffee und Medialunas.
Unsere Weiterfahrt am Freitag muss auch noch organisiert werden. Nachdem wir gecheckt haben, wann Busse nach Corrientes fahren wenden wir uns abermals an die resolute Bahnhofsvorsteherin, um zu erfahren, wann die Rückfahrt von Carlos Pellegrini hier eintrifft. Entweder sind Fahrpläne nicht ihre Kernkompetenz oder es existieren tatsächlich keine für den Klapperbus, jedenfalls meint sie, es sei nicht sicher, wann (oder ob) er hier ankäme und wir sollten besser eine Übernachtung in Mercedes einplanen. Vielleicht hat ihr Schwager auch ein Hotel hier.
Wir dürfen unsere Koffer in ihrem Büro abstellen und gehen ein bisschen im Ort spazieren. Abseits der Hauptstraßen sind die Straßen nicht asphaltiert, es wirkt schon ziemlich ländlich hier. Gauchos laufen in traditioneller Tracht rum: leichte, helle Lederstiefel und barretartige Kopfbedeckung oder typische Hüte.
Minibus nach Carlos Pellegrini
Im Internet hatten wir von einem Minibus-Service nach Carlos Pellegrini gelesen, den wir allerdings nicht gefunden haben. Dafür findet er uns jetzt: Ein Minibus hält neben uns und der Beifahrer fragt, ob wir diejenigen seien, die den Transport nach Carlos Pellegrini gebucht hätten. Wie haben die bloß erkannt, dass wir nicht von hier sind!?
Wir sind zwar nicht die Gesuchten, ergreifen aber die Gelegenheit beim Schopf, uns zu erkundigen. Sie fahren um zwölf ab, bringen uns bis zur gewünschten Unterkunft und holen uns dort am Freitagmorgen auch wieder ab, so dass wir ohne Zwischenübernachtung nach Corrientes weiterfahren können. Perfekt!
Kostet zwar dreimal so viel wie der billige Colectivo, aber umgerechnet 18 Euro pro Person für 120 Kilometer Fahrt über Schotterpiste ist wirklich nicht die Welt.
Trotz Gerumpel auf der unebenen Strecke übermannt uns nochmal der Schlaf. Es werden verschiedene Estancias abseits der Hauptstrecke angefahren und Leute oder Waren abgesetzt, insgesamt sind wir dreieinhalb Stunden unterwegs.
Auf den letzten Kilometern durchs Naturreservat sehen wir eine Wasserschweinmama mit einer Horde Wasserschweinbabies, einen Sumpfhirsch, verschiedene große Vögel und immer wieder Wasserschweine.
Schließlich erreichen wir nach fast 16 Stunden Reisezeit unser Ziel, das abgelegene 1000-Seelen-Dorf Colonia Carlos Pellegrini, wo es nur staubige, unbefestigte Straßen und jede Menge Ruhe gibt.
Esteros de Iberá – Naturjuwel mitten im Nirgendwo
Unsere freundlichen Gastgeber in der einfachen Posada El Yacaré (Yacaré=Kaiman) sind gleich mit Tipps und Vorschlägen zur Erkundung der Esteros de Iberá bei der Hand.
Der Eingang zum Naturreservat mit den Sümpfen ist drei Kilometer entfernt. Man ist sich einig, dass wir soweit nicht laufen sollen und verfrachtet uns in einen staubigen Geländewagen.
Ein Geländewagen ist hier eine vernünftige Fahrzeugwahl. Im Dorf Colonia Carlos Pellegrini gibt es keine einzige befestigte Straße. Renzo, der Sohn des Hauses fährt uns zum Besucherzentrum. Nur mit Mühe können wir abwehren, dass er uns auch wieder abholen kommt.
Wandern im Naturreservat Esteros de Iberá
Der Besucherandrang ist überschaubar, er besteht aus uns beiden. Die Rangerin erklärt uns die verschiedenen kleinen Wanderwege im Sumpfgebiet.
Direkt vor dem Besucherzentrum grasen Wasserschweine. Wir können ganz nah heran gehen, sie sind gar nicht scheu. Ich bin ganz entzückt von den plump-possierlichen Tieren. Sie strahlen so eine Ruhe und Lebenszufriedenheit aus.
Wir machen uns zunächst auf, den 30-minütigen Rundweg durch einen kleinen tropischen Wald zu erkunden.
Hier soll eine Kolonie Brüllaffen leben, die angeblich lautesten Tiere der Welt. Diese hier sind allerdings die leisesten Brüllaffen der Welt: wir hören und sehen keinen einzigen, obwohl wir angestrengt in die Baumwipfel starren.
Nun denn, auf zur Pasarela. Ein breiter Holzplankensteg führt über den flachen Uferbereich der Lagune. Hohes Schilf wechselt mit flacher Vegetation ab. Und schon bald sehen wir den ersten Kaiman. Träge liegt er im Wasser und blinzelt.
Ein paar Meter weiter schnauft und raschelt es im Schilf. Ein Wasserschwein macht seinem Namen Ehre und planscht durch das Röhricht. So geht es weiter: bewegungslose Kaimane hier, fröhlich mampfende Wasserschweine da. Auch den ein oder anderen Vogel bekommen wir zu Gesicht, allerdings sind die immer schnell wieder davon.
Schließlich entdecken wir noch am fernen Waldrand den Sumpfhirsch, leider nur von weitem. Über allem liegt das Zirpkonzert von tausenden Grillen.
Der Tag neigt sich, wir machen uns auf den Weg zurück ins Dorf. Über die Holzbohlenbrücke, in den 1980er Jahren als Provisorium eingerichtet und immer noch im Gebrauch erreichen wir den Ort und machen eine Runde durch die staubigen Straßen. Pferde laufen frei herum und suchen sich Flächen zum Grasen.
Bootstour über die Lagune von Iberá
Strahlender Sonnenschein begrüßt uns am folgenden Morgen und wir machen schnell die Bootstour über die Lagune klar.
Renzo ist Guide und fährt uns mit seinem Motorboot über die Lagune.
Wir sehen Kaimane, die bewegungslos im Röhricht lauern oder auf der Wasseroberfläche treiben. Zu ihrer Nahrung zählen auch kleine Wasserschweine. Wir können uns das kaum vorstellen, sind die Kaimane doch nicht viel größer als die Capybaras, wie die Wasserschweine hier heißen.
Viele Vögel, deren Namen wir uns nicht merken können, bevölkern die Lagune von Iberá. Einen Reiher beobachten wir, wie er einen gerade erbeuteten Fisch verschlingt. Wir können genau sehen, wie dick der Hals des Vogels wird, als er den großen Fisch verschluckt.
Natürlich gibt es auch wieder Wasserschweine zu sehen, die sich anscheinend vollkommen unbekümmert um die lauernden Kaimane im Sumpf tummeln.
Renzo erzählt uns viel Wissenswertes über Fauna und Flora. Eine Besonderheit ist, dass die Inseln hier auf der Lagune schwimmen. Sie haben keinen Kontakt zum Seegrund.
Nachtwanderung in den Esteros de Iberá
Nachdem wir den Nachmittag auf der Terrasse gechillt haben, ist abends noch mal Bewegung angesagt.
Mit Renzo geht es auf eine Nachtwanderung. Mit Stirnlampen und wasserdichten Wanderstiefeln ausgerüstet wandern wir ins stockfinstere Naturreservat. Wir erhaschen einen kurzen Blick auf den kleinsten Sumpfhirsch der Welt, den es hier gibt. Zu unserer Überraschung treffen wir auch mitten in der Nacht überall auf eifrig futternde Wasserschweine. Schlafen die denn nie?
Ein kleines Gürteltier rennt mit steil aufgerichtetem Schwanz durch den Wald. In der Nähe des Besucherzentrums wohnt eine Wildkatze, klein wie eine Hauskatze, gefleckt wie ein Jaguar. Sie streicht um unsere Beine, anfassen lässt sie sich aber nicht.
Und über uns wölbt sich ein grandioser Sternenhimmel, mit Milchstraße und Kreuz des Südens. Letzteres sogar dreimal, weil wir nicht genau wissen, welches es ist. Selbst Renzo ist sich nicht sicher, welches das richtige Sternbild am argentinischen Himmel ist. Auf dem Boden der Sümpfe kennt er sich offensichtlich besser aus als in den himmlischen Sphären.
Der letzte Tag in den Sümpfen von Iberá
Unseren letzten Tag in Carlos Pellegrini verbringen wir mit der Erkundung der noch nicht begangenen Wanderwege im Naturreservat. Wir streifen durch dichte Wälder und über sumpfige Wiesen. Überall tummeln sich die Capybaras. Dank Renzos Informationen können wir jetzt sogar Männchen und Weibchen der Wasserschweine unterscheiden.
Auch den Brüllaffen geben wir noch zweimal eine Chance, aber sie lassen sich nicht blicken.
Als Höhepunkt läuft zehn Meter vor uns der corzuelo, der kleinste Sumpfhirsch der Welt, auf den Weg und äst unbeirrt an den Zweigen am Wegesrand, bevor er langsam wieder im Wald verschwindet. Wie niedlich!
Und auch von dieser wunderschönen Ecke der Welt haben wir ein kleines Video erstellt, mit O-Ton:
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Nach ein paar traumhaften Tagen im Naturreservat der Esteros de Iberá werden wir um vier Uhr morgens von einem Minibus abgeholt. Mit offener Seitentür kurvt er durch die staubigen Straßen, bis alle Fahrgäste eingesammelt sind. Auf 16 Plätzen werden 19 Personen (zwei Kinder auf dem Schoß der Mütter, ein gutgelaunter Dorfbewohner auf seinem Gepäck) untergebracht. Unter und neben den Sitzen werden Koffer, Taschen und Kartons verstaut. So überladen geht es im Stockfinsteren zwei Stunden über die grobe Schotterpiste. Es rumpelt, schaukelt und schlingert, wir sitzen so eng, dass wir uns kaum rühren können. An Schlaf ist nicht zu denken, zumal wir die meiste Zeit um unser Leben fürchten.
So ist die Erleichterung groß, als wir um sieben Uhr heil in Mercedes ankommen. Wir rechnen damit, fünf Stunden auf den nächsten Bus nach Corrientes warten zu müssen. Doch wieder haben wir Glück: der 7-Uhr-Bus ist verspätet und es ist ein Cama-Ejecutivo!
Von Corrientes bis Posadas – der Fluss und der Regen
Nach unserem Ausflug in die Natur der Esteros de Iberá geht es zurück in die Stadt. Corrientes, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz ist unser Ziel.
Da Airbnb-Unterkünfte hier rar sind, kommen wir diesmal in einer B&B-Pension unter.
Das Zentrum ist nur wenige Blocks entfernt. In der Fußgängerzone bekommen wir sofort mit, was die lokale Spezialität ist: chipás, kugelförmiges Käsegebäck, etwa so groß wie ein Brötchen und chipacitas, das gleiche als kleine Bällchen. Ofenwarm genossen, sehr lecker!
Eine Besonderheit Corrientes sind Murales, die hier nicht nur gemalt, sondern plastisch gestaltet werden. Bei einem Spaziergang durch die Stadt schauen wir uns einige davon an.
Entlang des Rio Paraná ist die Costanera mit Parks und einer breiten Avenida zum Flanieren gestaltet.
Leider hat uns das schlechte Wetter wieder eingeholt. Grau und regnerisch kann die Costanera nur einen kleinen Teil ihres Reizes entfalten.
Wir kehren in einem Restaurant ein, das für seine regionaltypische Küche bekannt ist, das El nuevo Típico. Chef Bruno bedient uns aufmerksam und sehr kommunikativ. Wir bekommen eine kleine Auswahl von lokalen Spezialitäten vorgesetzt und alles mundet uns sehr gut.
Eine vierstündige Busfahrt bringt uns weiter nach Norden, nach Posadas, der Hauptstadt der Provinz Misiones. Auch hier bleibt uns das schlechte Wetter treu. Wenigstens ist der Regen warm. Es schüttet teilweise wie aus Kübeln, in den steilen Straßen der Stadt rauschen wahre Sturzbäche die Gossen hinunter und verschwinden gurgelnd in riesigen Abflussgittern.
Wir sind immer noch am Paraná, also gibt es eine Costanera zum Flanieren.
Flanieren ist bei Sturzregen nur mäßig interessant. Doch eine gigantische metallene Skulptur am Ufer weckt unsere Neugier.
Sie stellt Andrecito dar, einen Guaraní-Führer, der in den Unabhängigkeitskämpfen gegen die Spanier wertvolle Unterstützung geleistet hat und dafür als erster Bürger geehrt wurde.
Am gegenüberliegenden Ufer liegt Encarnación in Paraguay. Dorthin werden wir einen Tagesausflug unternehmen, um die jesuitischen Missionen zu besichtigen.
Paraguay – Jesuiten-Missionen per Linienbus erkunden
Posadas liegt an der Grenze zu Paraguay. Paraguay wird von Argentinien durch den Fluss Paraná getrennt und ist von Posadas durch eine zwei Kilometer lange Brücke zu erreichen. Wir sind neugierig, denn es gibt 60 Kilometer entfernt etwa 300 Jahre alte, gut erhaltene Ruinen von Jesuitenmissionen zu bestaunen.
Mit dem Linienbus nach Paraguay
Nachdem wir am Vorabend herausgefunden haben, welcher Bus wo abfährt, machen wir uns mit Reisepässen bewaffnet auf. Der Bus ist ein ganz normaler Linienbus mit vielen Argentiniern, die, wie wir erfahren, zum Shoppen nach Paraguay fahren, da dort vieles günstiger ist als in Argentinien. Beim Grenzübergang aus Argentinien heraus müssen alle aus dem Bus aussteigen und an der Grenzkontrolle den Pass vorzeigen.
Das Prozedere dauert 15 Minuten, bis wir wieder im Bus sitzen. Der Bus fährt über die Brücke und bei der Einreise nach Paraguay heißt es nochmal aussteigen und den Pass vorzeigen. Dann fährt der Bus mit uns nochmal zehn Minuten und wir sind am Bus-Terminal im Ort Encarnacion.
Dort müssen wir erstmal Geld umtauschen. Die Währung in Paraguay heißt Guarini und derzeit bekommt man für einen Euro ungefähr 6.360,- Guarini. Schon im Bus bot jemand Geldumtausch an, keine Ahnung ob zum offiziellen Wechselkurs. Wir wollten am liebsten bei der Bank tauschen. Im Busbahnhof soll es eine Touristeninformation geben. Also erstmal dahin.
Nach einigem Suchen frage ich jemanden, der auf eine kleine Treppe zeigt, die in den ersten Stock der Halle führt. Oben stehen wir im Büro der Bahnhofsvorsteherin, bei der wir nach Geldumtausch und Bus fragen. Schnell ruft sie einen Mann herbei, der uns Geld wechseln kann. Nach einigem Hin und Her tauschen wir etwas Geld und verlassen eiligst das Gebäude. Der klapprige Bus für die Weiterfahrt wartet schon und nach etwa einer Stunde erreichen wir in Trinidad das Infocenter der jesuitischen Ruinen.
Die Jesuiten-Missionen in Trinidad
Wir schauen uns eine kleine Ausstellung und einen Film an. Dann geht es zu den Ruinen.
Europäische Jesuiten haben um 1700 in Paraguay, Argentinien und Brasilien Missionsdörfer aufgebaut. Mit Kirche, Schule, Werkstätten und Wohnhäusern wollten sie den einheimischen Guarani den christlichen Glauben und handwerkliche Fähigkeiten vermitteln. Die Jesuiten wurden später von dem spanischen König des Landes verwiesen. Anscheinend war der damaligen Regierung der Erfolg der Jesuiten ein Dorn im Auge.
Eine Weile haben wir die Stätte ganz für uns allein, später kommt noch eine spanischsprachige Besuchergruppe hinzu. Das ist der Vorteil, wenn man nicht in der Hauptsaison reist. Nach ungefähr zwei Stunden sind wir wieder zurück an der Info. Ein weiterer Teil der Ruinen befindet sich im zwölf Kilometer entfernten Jesús de Tavarangüe. Das ist mit Bus oder Taxi zu erreichen.
Weiter nach Tavarangüe
Da wir den Bus nehmen wollen, gehen wir zur Tankstelle. Dort befindet sich die Bushaltestelle. Als nach 20 Minuten immer noch kein Bus in die gewünschte Richtung fährt, beschließen wir, doch das Taxi zu nehmen. Pech nur, dass das einzige Taxi gerade von anderen besetzt wird. Der Taxifahrer verspricht uns aber schnell wiederzukommen und uns dann zu fahren.
Wenig später fährt er in einer Staubwolke wieder vor und lädt uns ins Auto. Im Taxi entwickelt sich ein angeregtes Gespräch über die in der Gegend lebenden Deutschen. Dabei machen wir uns Gedanken um die Fahrtüchtigkeit des Autos. In so einem dreckigen und maroden Taxi haben wir noch nie gesessen. Trotzdem kommen wir heile an. Der Fahrer wartet auf uns während wir die wirklich gut erhaltenen Ruinen bestaunen.
Später geht es in umgekehrter Reihenfolge zurück. In Encarnacion machen wir noch etwas Sightseeing und an der Grenze zu Argentinien müssen wir nur einmal zur Passkontrolle aussteigen.
Erstaunlich ist, was manche Argentinier alles eingekauft haben. Eine Frau neben uns im Bus ist umgeben von mindestens sechs vollen Einkaufstüten und Kartons, die wir der Frau beim Aussteigen anreichen. Wie sie die Ladung weiter transportiert, können wir nicht sehen. Wir steigen jedenfalls einige Haltestellen später aus und sind bald zurück in unserer Wohnung.
Iguazú-Fälle – das nasseste UNESCO-Welterbe
Die Iguazú-Fälle sind mit Worten kaum zu beschreiben, deshalb kommt heute das Video ganz am Anfang unseres Berichts.
Macht euch gefasst auf gaaaanz viel Wasser (nein, NOCH mehr!), niedliche Räuberbanden von Coatís, ein kurzes Special für Wildwasserpaddler und einen Lachanfall im Duett mit einer Rotstirnamazone. Und wenn ihr weder wisst, was Coatís noch Rotstirnamazonen sind, auch das werdet ihr erfahren. Für die Freunde des geschriebenen Wortes und der unbewegten Bilder folgt natürlich der Artikel über unsere Erlebnisse.
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Ankunft in Iguazú
Nach einer fünfstündigen Busfahrt mit einem Fahrer, der offensichtlich vorhatte, sich für die Rallye Paris-Dakar zu qualifizieren (was etwas beängstigend sein kann, wenn man ganz oben ganz vorne im Doppelstockbus sitzt! ), erreichen wir Puerto Iguazú bei angenehmen subtropischen Temperaturen und – endlich Sonnenschein!
Im letzten Tageslicht besuchen wir das Dreiländereck Argentinien – Brasilien – Paraguay. Hier fließt der Rio Iguazú, von den Wasserfällen kommend, in den Rio Paraná. An den drei Ufern hat jedes Land einen großen Kegel in den entsprechenden Landesfarben aufgestellt.
Cataratas do Iguacu, Brasilien
Am nächsten Tag geht es per Linienbus nach Brasilien. Die Grenzformalitäten laufen routiniert ab: an der argentinischen Kontrolle müssen alle aussteigen, sich an den Schaltern anstellen und den Stempel für die Ausreise geben lassen. Im Gegensatz zur paraguayischen Grenze wartet der Bus, wir müssen nicht den nächsten nehmen. Beim Einsteigen sammelt der Schaffner alle Pässe ein. Wir fahren über die Brücke, auf der brasilianischen Seite steigt der Schaffner mit dem Stapel Pässe aus und legt sie den brasilianischen Grenzern zum Stempeln vor.
Zurück im Bus, darf sich jeder seinen Pass aus dem Stapel heraussuchen. Deutsche Datenschützer würden aufschreien.
Am Eingang des brasilianischen Nationalparks dürfen wir unseren Eintritt in argentinischen Pesos zahlen – für einen satten Aufschlag! Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir ein paar brasilianische Reales gezogen.
Wir werden mit bunten Bussen durch den weitläufigen Park gefahren, bis wir an den Panoramaweg gelangen, der entlang der Fälle führt. Hier steigen wir aus und werden von Dutzenden possierlichen Coatís – Nasenbären – empfangen, die den Besuchern um die Füße wuseln.
Coatis – niedliche Räuber
Sie haben gelernt, dass von ihnen Essen zu erwarten ist. Leider geht das nicht mit Dankbarkeit einher, sondern mit einer klaren Anspruchshaltung. Die äußert sich in Aggressivität, sollte das Futter nicht freiwillig rausgerückt werden.
Obwohl überall Schilder hängen, die mit deutlichen Fotos von Kratz- und Bisswunden davor warnen, den niedlichen Räubern zu nahe zu kommen, locken entzückte Touristen die Tiere für ein exotisches Foto nah zu sich heran. Man erzählt uns später, dass täglich zehn Besucher von den Coatís verletzt werden. Wir folgen dem Weg und bald sehen wir die ersten mächtigen Wasserfälle.
Die brasilianischen Fälle
Beeindruckend groß! Aber das ist erst der Anfang, mit jeder Ecke, um die wir biegen, eröffnen sich neue Ausblicke auf immer mehr, immer größere Fälle.
Zwischendurch sehen wir exotische Vögel und jede Menge Schmetterlinge, die sich sogar auf unseren Händen niederlassen.
Am Ende führt ein langer Steg etwa 200 Meter vor einem mächtigen, herabdonnernden Wasserfall über die schäumende Wasserfläche zu einer Aussichtsplattform.
Für ein paar Pesos werden einfache Plastikponchos verkauft, denn die Gischt des Falls drückt mit solcher Wucht herüber, dass man völlig durchnässt wird. Wir hüllen uns in unsere Regenjacken und betreten den Steg.
Ab der Mitte wird uns die Gischt mit Sturmgewalt ins Gesicht geblasen, so dass wir kaum die Augen offen halten und nur mit Mühe atmen können. Es macht uns regelrecht high, diese Urgewalt des Wassers zu spüren und lachend drehen wir uns in dem Gischtsturm, bis wir wirklich triefnass sind.
Tief beeindruckt von der schier unendlichen Ausdehnung und der Gewalt der Wassermassen sind wir gespannt, ob uns der für den nächsten Tag geplante Besuch der argentinischen Seite noch mal so mitreißen kann.
Parque nacional Iguazú, Argentinien – big water, ganz nah
Der argentinische Nationalpark Iguazú liegt eine halbstündige Busfahrt vom Ort Puerto Iguazú entfernt. Es gibt verschiedene Rundwege, die zu diversen Wasserfällen führen. Im Unterschied zur brasilianischen Seite, die den großen Überblick bietet, kommt man hier ganz nah an einige Fälle heran.
Wir laufen erst den unteren, dann den oberen Rundweg, alles mit spektakulären Ausblicken.
Im Sonnenschein bilden sich immer wieder Regenbögen in den sprühenden Wasserschleiern. Es ist zum Niederknieen schön!
Wir gelangen an den oberen Rand einiger Fälle, sehen, wie die Wasserwucht an der Kante Wellen und Locken bildet, ehe sie abrupt im Abgrund verschwindet. Es rauscht und tost, dass man kaum sein eigenes Wort verstehen kann.
Der Teufelsschlund – Garganta del Diablo
Am späten Nachmittag machen wir uns mit der parkeigenen Touristen-Bimmelbahn auf zur eindrucksvollsten Stelle: der Garganta del Diablo, dem Teufelsschlund. Dies ist der wasserreichste Fall in Iguazú. Über lange Stege, die über das Flussbett führen laufen wir eine Viertelstunde bis zu unserm Ziel. Unterwegs sehen wir Schildkröten, die sich auf den Felsen im hier so harmlos aussehenden Fluss sonnen.
Schon von weitem erblicken wir die Gischtwolke, die aus den Tiefen des Teufelsschlunds aufsteigt.
Als wir die Aussichtsplattform erreichen, sehen wir, wie sich anscheinend mitten im Fluss ein gigantisches Loch auftut und unglaubliche Wassermassen von mehreren Seiten hinunter donnern.
Der Steg vibriert unter unseren Füßen. Der Kessel ist komplett mit Gischt gefüllt, in der sich ein fast senkrechter Regenbogen gebildet hat.
Ab und zu pulsiert die schäumende Masse hoch und weht Wasserschleier über uns.
Ehrfürchtig staunend stehen wir vor dem Schauspiel. Die endlose, mächtige Wasserflut zieht uns so in ihren Bann, wir können uns gar nicht von dem Anblick losreißen. Diese wilde ungezähmte Schönheit ist einfach ergreifend.
Vogelpark
Nach so viel aufregender Naturschönheit gönnen wir uns am Sonntag einen ruhigen Tag im brasilianischen Vogelpark.
Hier werden exotische Vögel, die krank oder misshandelt aus illegalem Handel stammen, wieder aufgepäppelt und wenn möglich wieder ausgewildert.
Wir sehen viele bunte Vögel, manche von ihnen ganz zutraulich. Und eine Rotstirnamazone stimmt mit mir zusammen einen Lachanfall an.
Salta, La Linda
Graues und kühles Wetter verabschiedet uns an unserem letzten Tag in Puerto Iguazú. Da die Busreise nach Salta fast drei Tage gedauert hätte, haben wir einen Flug gebucht. So sind wir bereits mittags in Salta, wo es leider auch grau und ziemlich kalt ist.
Nachdem wir uns in unserer Wohnung eingerichtet haben, laufen wir ins Stadtzentrum. Salta trägt den Beinamen „La Linda“ – Die Hübsche – und das zu Recht. Viele gepflegte Häuser im Kolonialstil prägen das Bild.
Die zentrale Plaza, mit einer rosa-weißen Kirche und dem weißen Cabildo-Gebäude ist mit Orangenbäumen bepflanzt, die voller Früchte hängen.
Es handelt sich um Zier-Orangen, die ungenießbar sind, was dazu beiträgt, dass sie nicht gepflückt werden.
Noch hübscher wäre La Linda sicherlich im Sonnenschein, der uns aber nicht vergönnt ist. Dennoch gefällt uns die entspannte Atmosphäre der Stadt. Ein hoher Anteil indigener Bevölkerung prägt deutlich das Bild und vermittelt einen „typisch südamerikanischen“ Eindruck.
Die Kindermumien der Inka
Im Museo Arqueológico de Alta Montaña zeigt eine hochinteressante Ausstellung die Mumienfunde der Tres Niños – Drei Kinder, die 1999 auf einem Andengipfel in 6700 Meter Höhe entdeckt wurden. Sie wurden wohl bei einem Ritual der Inka geopfert. Aus konservatorischen Gründen wird immer abwechselnd eine der drei Mumien ausgestellt.
Als wir das Museum besuchen ist es der kleine Junge. Es ist berührend zu sehen, wie der Kleine mit dem Gesicht auf den Knieen da hockt. Aufgrund der Höhe des Fundorts sind die Mumien sehr gut erhalten. Der schwarze Haarschopf wirkt seidig, die kleinen Arme und Händchen, die man sehen kann fast noch lebendig. Kaum fassbar, dass er seit über 500 Jahren tot ist. Eine unheimliche Ruhe liegt über ihm. Sehr ergreifend!
Endlich Sonne im Valle Calchiquiés
Ein Tagesausflug bringt uns durch die landschaftlich spektakulären Valles Calchiquiés zu dem kleinen Dorf Cachi.
Unterwegs wird mehrmals angehalten, um die Landschaft zu genießen. Wir schrauben uns in die Höhe, bis wir die Wolkendecke, die über Salta liegt, unter uns lassen. In strahlendem Sonnenschein geht es in andine Höhen, durch den Nationalpark Los Cardónes, in dem Tausende Säulenkakteen stehen bis nach Cachi.
Cachi ist ein beschauliches, kleines Bergdorf mit einer alten Kirche, in der viele Holzarbeiten mit Kakteenholz ausgeführt sind.
Was uns noch mehr beeindruckt ist ein Prozessionsfahrrad mit gleich zwei Marienfiguren.
Wanderung im Regenwald
Einen Tag später ist das Wetter immer noch nicht besser. Dennoch machen wir uns auf zu einer Wanderung in die Yungas, dem Regenwald in der Nähe Saltas. Mit einem Linienbus erreichen wir den Ort San Lorenzo. Dort ist der Eingang zur Quebrada San Lorenzo, einer Schlucht mit dichter Vegetation.
Leider informiert nach wenigen Metern ein Schild, dass man ab hier nur mit einem Guide weitergehen dürfe. Die Informationsstelle am Parkeingang ist allerdings geschlossen, so dass auch nicht ohne weiteres ein Guide hergezaubert werden kann.
Wir entscheiden uns für die argentinische Lösung, das Schild zu ignorieren und folgen einem steilen Pfad in den Wald hinein. Unser GPS zeigt einen Rundweg an, dem wir folgen, unter Überqueren einiger Bachläufe, bis der Weg sich im Dschungel verliert und kein Weiterkommen möglich ist.
Im Nieselregen treten wir den Rückweg an.
Als nächstes Ziel haben wir Tilcara ausgesucht, einen kleinen Ort in der Quebrada de Humahuaca, der auf 2470 Meter Höhe liegt. Von dort aus wollen wir die wunderschöne Andenlandschaft der Quebrada erkunden und uns schon einmal ein bisschen an die Höhe akklimatisieren.
Quebrada de Humahuaca – Andenpanorama vom Feinsten
Von Salta aus geht es weiter nach Norden, in die Quebrada de Humahuaca. Das ist eine 130 Kilometer lange Schlucht, die sich von Süd nach Nord durch die Anden zieht. Wegen des Farben- und Formenreichtums ihrer Felsen wurde sie zum UNESCO-Welterbe ernannt.
Tilcara
Wir wählen das kleine Dorf Tilcara als unseren Standort, um von dort aus die Quebrada de Humahuaca zu erkunden. Und damit ihr euch vorstellen könnt, wie es in einem Andendorf zugeht, haben wir ein Video mit typischen Situationen über Tilcara gedreht:
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Wir hoffen, hier dem grauen Wetter zu entfliehen und unsere Rechnung geht auf. Bei strahlendem Sonnenschein und T-Shirt-Temperaturen steigen wir aus dem Bus. Sobald die Sonne untergeht, wird es allerdings bitterkalt, denn wir sind hier auf fast 2500 Meter Höhe.
Staubige Straßen prägen den Ort, der von wunderschönen Berggipfeln eingerahmt ist. Wir merken, dass uns die dünne Luft zu schaffen macht. Die leichten Anstiege bringen uns schnell zum Keuchen. Gut, dass wir fast eine Woche hier eingeplant haben, um uns an die Höhe zu akklimatisieren, bevor es weiter hinauf in die Anden und ins Altiplano geht.
Wir wandern zu einer rekonstruierten Inka-Festung. Bevor wir uns diese anschauen, lockt uns der botanische Garten am Eingang. Es gibt Kakteen, Kakteen und Kakteen zu sehen.
Außerdem einen Glockenstein, der durch eine besondere mineralische Zusammensetzung beim Draufklopfen klingt und zwar an jeder Stelle anders.
Weiterhin sorgen eine kleine Herde Lamas und ein Guanako für touristische Freude.
Die rekonstruierten Ruinen waren, nun ja, ganz nett. Besser war der Blick von dem Festungshügel auf die spektakuläre Landschaft rundum.
Nach Purmamarca zum Cerro de los siete colores
Der nächste Ausflug geht mit dem Linienbus ins 23 Kilometer entfernte Purmamarca. Dort gibt es den Cerro de los siete colores, den Berg der sieben Farben. Vom Ort aus gibt es einen Wanderweg, der durch die atemberaubende Landschaft führt.
Die Felsen strahlen in spektakulären Rot- und Gelbtönen. Wir können uns gar nicht daran sattsehen, zumal der leuchtend blaue Himmel den perfekten Hintergrund bildet.
Hinauf nach Humahuaca
Nach einem Tag Pause, an dem wir unsere Unterkunft wechseln (wir möchten gerne mal wieder warm duschen) und ansonsten in der Sonne chillen, geht es zum nächsten Ausflug nach Humahuaca, dem namensgebenden Ort der Quebrada.
Als wir am Busterminal aussteigen, steht gleich ein junger Mann vor uns, der uns eine Exkursion zum Hornocal, dem Berg der vierzehn Farben anbietet. Genau da wollen wir hin. Mit einem Pickup werden wir von den etwa 3000 Meter Höhe, auf denen Humahuaca liegt, auf 4320 Meter hoch gefahren. Dabei erzählt Fahrer Francisco ununterbrochen, von Fakten bis zu Legenden aus der Region.
Wir haben die Höhe gut vertragen. So vorbereitet, können wir am nächsten Tag in den Bus steigen, der uns quer über die Anden ins chilenische San Pedro de Atacama bringen soll.
Liebe Gina, ein Abenteuer jagt das Nächste::::::::::::::Du, Ihr beschreibt das so wunderbar, das ich gar nicht mehr zu lesen aufhören möchte. Ich glaube ohne euer Spanisch-Unterricht und die Freundlichkeit der Menschen, ist man aufgeschmissen.
Seit letzten Mittwoch haben wir hier richtiges Sommer-Badewetter. Wir holen die Sandalen raus und ihr die Daunenjacken wie witzig.
Viel Spass und viele neuen Erlebnisse und Eindrücke wünsche ich dir-euch.Ich freue mich auf den nächsten Beitrag.
Adios Maria
Die Menschen hier sind wirklich super freundlich, hilfsbereit und geduldig. Gestern kamen wir mit dem Bus in eine Polizeikontrolle, mussten als Ausländer unsere Pässe zeigen, ein paar Fragen zum woher, wohin und warum beantworten und am Ende hat der Polizist sich ganz höflich für die Störung entschuldigt.
Das Wetter in Deutschland beobachten wir etwas neidisch ;-) Aber immerhin kommen wir jetzt in etwas wärmere Regionen, so dass die Daunenjacke erstmal im Koffer bleiben kann.
Viel Spaß und nutz das schöne Wetter!