Aktualisiert am 08/07/2019 von Gina
Am nächsten Morgen sitzen wir im Bus und lassen uns über eine serpentinenreiche Straße quer über das Gebirge nach Baracoa, dem östlichsten Ort Cubas kutschieren. Diese Straße ist zur Abwechslung in hervorragendem Zustand, es gibt auch immer wieder kleine Parkbuchten, wo man anhalten und die spektakuläre Bergkulisse bewundern kann.
Am Rand stehen hier und da Händler, die Büschel von Mandarinen, Bananen oder die hier typische Süßigkeit Cucurucho, eine in ein wie eine Eistüte geformtes Palmblatt gefüllte Masse aus Kokosnuss, Honig und Guave. Einmal hält der Bus an, die Händler dürfen den Bus betreten und ihre Waren anbieten. Ich erwerbe zwei Cucuruchos, die wir später zum Kaffee auslöffeln werden.
Die Bergstraße nach Baracoa wurde erst nach der Revolution erbaut, vorher war der Ort nur per Schiff oder über seinen kleinen Flughafen erreichbar.
Nachmittags erreichen wir Baracoa. Die Hauptstraße ist von bunten Häusern gesäumt, ein paar Stufen führen zu dem verandaartig überdachten Bürgersteig.
Unsere Vermieter holen uns mit einem alten Jeep Willys ab, die Sitze sind mit brokatartigem Sofakissenstoff bezogen.
Zu unserem Zimmer gehört eine kleine private Innenterrasse, von wo aus eine Holztreppe aufs Flachdach führt – Dachterrasse mit Meerblick! Den Blick aufs Meer erhascht man zwar nur durch eine Lücke zwischen zwei rohbauartigen, unverputzten Häusern, aber immerhin.
Nachmittags erkunden wir den Ort und buchen für die nächsten zwei Tage Ausflüge. Die Attraktionen bestehen hauptsächlich aus der Natur ringsum und ohne Auto kommt man da schlecht hin. Der Rückweg führt uns über den Malecón am Meer entlang, wie überall in Cuba eine trostlose, ungepflegte Betonstraße und –mauer. Aber der Blick auf die heranrollende Brandung, die in dicken Gischtwolken an den Felsen explodiert entschädigt.
Am Ende der Uferstraße steht ein überdimensionales Denkmal von einem halben Kolumbus, um den Anspruch zu unterstreichen der erste Ort gewesen zu sein, den Kolumbus auf Cuba entdeckt hat. Baracoa ist von einer gewissen historischen Bedeutung, denn es könnte die Stelle sein, an der Kolumbus erstmalig seinen Fuß auf Cuba gesetzt hat. Da es den Ort damals noch nicht gab, kann man sich nur auf die ungenauen Angaben in Kolumbus‘ Logbuch stützen. Die Beschreibungen dort passen allerdings auf mehrere Orte, die sich heute um die Ehre streiten, der erste gewesen zu sein.
Unser Ausflug am nächsten Tag führt uns nach Boca de Yumurí, der östlichste Ort Cubas, den man erreichen kann. Hier mündet der Rio Yumurí, der in einem fantastischen Canyon Richtung Meer fließt. Wir werden zusammen mit zwei weiteren Paaren in einen großen, leuchtendrot lackierten Geländewagen undefinierbarer Marke gezwängt.
Zuerst steuern wir eine Kakaoplantage an. Guide Ricardo, mit verwegener Che-Guevara-Mütze führt uns durch die Urwald-artige Plantage. Ich habe mir ordentliche Reihen von Pflanzen vorgestellt, aber hier wächst alles fröhlich durcheinander. Kakaobäume, Kaffeesträucher, tropische Obstsorten und anderes bilden einen dichten grünen Raum.
Im Haus der Farmerfamilie werden uns Früchte und frischer Kakao serviert, dessen Zubereitung die Bäuerin zuvor erläutert hat.
Weiter geht die Fahrt, der nächste Stopp ist ein kleines Dorf direkt am Meer. In einem traditionellen Holzhaus gibt ein alter Mann ein Konzert für uns. Draußen auf der Terrasse liegen gemütlich zusammengekuschelt ein schwarzes und ein helles Schwein.
Als wir wieder vor die Tür treten, sehen wir einige Schweine, die ins warme karibische Meer laufen und ein Bad nehmen.
Auch die Dorfschule dürfen wir besichtigen. Sie besteht aus zwei Klassen, die Kinder tragen Schuluniformen und auf ein Zeichen des Lehrers springen sie bei unserem Eintreten auf und skandieren eine Parole.
Schließlich erreichen wir unser Ziel, Boca de Yumurí. Eine Brücke überspannt den Fluss, von hier aus kann man sich mit einem Ruderboot ein Stück den Canyon hochfahren lassen, bis zu einer Kiesbank, auf der wir rasten und von der aus wir im Fluss schwimmen können. Senkrechte Felswände ragen auf der anderen Seite auf, helles Gestein durchsetzt mit sattgrüner tropischer Vegetation.
Nach Rückkehr in die kleine Snackbar in Boca de Yumurí packt Ricardo seine Gitarre aus, verteilt Rhythmusinstrumente an uns und es gibt eine kleine Musikeinheit. Ein älterer Mann im Hintergrund hat plötzlich auch zwei Rasseln in der Hand und macht eifrig mit.
Am folgenden Tag haben wir bei Cubatur einen Ausflug in den Alexander-Humboldt-Nationalpark gebucht. Als wir in der Agentur ankommen, sagt man uns, die Tour müsse ausfallen, angeblich sei zu viel Wasser im Fluss. Als Alternative bietet uns der unmotivierte Angestellte die Tour zum Yunque, dem charakteristischen Tafelberg westlich von Baracoa an. Ich habe keine Wanderschuhe, nur Trekkingsandalen an, aber der Typ meint, das sei kein Problem. Viel Wahl haben wir nicht, also entscheiden wir uns dafür. Wir werden zusammen mit einem spanischen Paar in einen 50er-Jahre-Oldtimer verfrachtet, der auf dem Weg zum Yunque beweist, dass er durchaus geländegängig ist. Auf holprigen, ausgefahrenen Lehmwegen werden wir zum Ziel geschaukelt. Dort werden wir kurzerhand einer holländischen Großgruppe zuteilt. Zunächst auf breitem Waldweg geht es Richtung Fluss, den wir durch hüfthohes strömendes Wasser durchwaten. Die Trekkingsandalen sind doch eine gute Wahl gewesen.
Dann geht es auf der anderen Seite steil bergauf, durch Kakaoplantagen und dichte dunkelgrüne Vegetation. Der Weg besteht aus tiefschwarzem, zähem Schlamm. Es ist heiß und schwül, das Tempo unseres Guides ist flott und einige Teilnehmer fallen mit mir hinter die Gruppe zurück. Nach einer Stunde schweißtreibenden Aufstiegs erreichen wir mit hochroten Köpfen ein kleines Plateau – und hier steht ein tropisches All-you-can-eat-Früchtebuffet! Eine grobe Holzhütte, davor ein Tisch mit einer rosakarierten Plastiktischdecke, auf dem mundgerechte Stücke von Bananen, Mandarinen, Pomelos und anderem Obst dargeboten werden. Für 1 CUC dürfen wir zugreifen, soviel wir wollen. Mit einer großen Machete zerteilt der Bauer das Obst und sorgt so stets für frischen Nachschub. Hier führt kein Fahrweg hin, er hat das Zeug alles hier hoch geschleppt!
Von hier aus hat man einen herrlichen Ausblick über den tropischen Regenwald. Ich entscheide, dass mir das reicht und verzichte angesichts meines unzureichenden Schuhwerks auf die weitere Stunde Aufstieg bis zum Gipfel. Mit mir beschließen noch zwei, drei andere Teilnehmer hier zu warten, wir machen es uns auf den einfachen Bänken bequem.
Der Abstieg geht einfacher als erwartet, als krönender Abschluss erwartet uns ein erfrischendes Bad im klaren Flusswasser.
Währenddessen ziehen sich dicke graue Wolken am Himmel zusammen und als wir gerade wieder aufbrechen wollen, klatschen die ersten schweren Tropfen auf uns. Wir flüchten unter eine überdachte Picknickstelle, der Himmel öffnet sämtliche Schleusen und ein tropischer Regenguss rauscht hernieder.
So schnell, wie der Guss beginnt ist er auch wieder vorbei und die Sonne strahlt wieder auf die Kulisse.
Abends schauen wir in der Casa de la trova bei einem Mojito cubanischen Pärchen beim Salsatanzen zu. Ihnen liegt der Rhythmus im Blut, es ist faszinierendes Schauspiel.
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