Aktualisiert am 08/07/2024 von Gina
Wir nehmen dich mit auf einen Rundgang durch San Gimignano, das wegen seiner zahlreichen Wohntürme den Titel “Manhattan der Toskana” trägt.
Als einer der schönsten erhaltenen Orte des Mittelalters in der Toskana zieht San Gimignano jährlich Millionen von Besucherinnen und Besuchern an. Wir waren im Corona-Jahr 2020 dort und hatten daher zum Glück nicht mit Touristenmassen zu kämpfen.
San Gimignano versetzt dich zurück ins Mittelalter. Die historische Altstadt mit Stadtmauer und den charakteristischen Wohntürmen ist nahezu unberührt vom Zahn der Zeit. So ist die Altstadt seit 1990 UNESCO-Weltkulturerbe.
Die Geschichte von San Gimignano
San Gimignano entstand aus einer Pilgerstation, die auf dem Weg nach Rom lag. Die Pilger und Händler strömten Richtung Rom, was für den Ort Wohlstand als Marktstätte mit sich brachte. Ein erster Befestigungswall wurde im 10. Jahrhundert unter dem Schutz der Bischöfe von Volterra gebaut.
1199 beschlossen die Bewohner von San Gimignano, dass sie von den Bischöfen von Volterra unabhängig sein wollten. Obwohl der Ort keine Stadtrechte besaß, entwickelten die Bürger eine Selbstverwaltung mit Podestà (eine Art Bürgermeister) und kleinem und großem Rat nach dem Vorbild der großen Städte.
Der Wohlstand von San Gimignano wurde durch den Anbau und Handel mit Safran geprägt. Damit wurden die wertvollen Tuchwaren und Seidenstoffe gefärbt. Der Reichtum ermöglichte den Bau der heute noch vorhandenen Stadtmauer und der prachtvollen Gebäude im Ort.
Friedlich war die Zeit jedoch nicht, denn natürlich waren die Bischöfe von Volterra keineswegs begeistert davon, dass sich San Gimignano von ihnen abwendete. So gab es immer wieder Kriege um die Besitzrechte.
Auch innerhalb der Stadtmauern ging es alles andere als friedlich zu. Wie überall in der Toskana kämpften auch in San Gimignano die verfeindeten Adelsgeschlechter der Guelfen und der Ghibellinen erbittert gegeneinander. Aus diesem andauernden Streit entstanden die hohen Wohntürme, in denen die Familien viel Schutz auf Kosten von wenig Komfort fanden.
Diese Wehr- und Wohntürme findest du in vielen Städten der Toskana. Allerdings sind die meisten davon längst abgerissen. Nur in San Gimignano steht noch eine beachtliche Anzahl dieser Türme und verleiht dem Ort die typische Silhouette. Daher wird San Gimignano auch das Manhattan des Mittelalters genannt.
Geschwächt von Kriegen, blutigen Familienfehden und der Pest musste San Gimignano im 14. Jahrhundert seine Unabhängigkeit aufgeben. Es kam in den Besitz der Medici aus Florenz.
Ein Glücksfall aus heutiger Sicht war, dass niemand an der nunmehr unbedeutenden Landkommune interessiert war. Cosimo de Medici entschied sogar, dass nichts mehr in den Ort investiert werden dürfe. So gingen Hochrenaissance und Barock spurlos an San Gimignano vorbei. Und wir können uns heute noch an dem nahezu originalen mittelalterlichen Stadtbild erfreuen.
Rundgang durch San Gimignano
Klassischerweise beginnt der Stadtrundgang am südlichen Stadttor. Da der Parkplatz dort aber schon belegt ist, kurven wir einmal um den historischen Kern herum und finden im Norden problemlos einen Platz. Daher betreten wir San Gimignano durch ein unspektakuläres Törchen in der alten Stadtmauer.
Museumskomplex von San Gimignano
Wir kommen in der Via Folgore da San Gimignano als erstes am ehemaligen Kloster Santa Chiara vorbei. Dort ist heute der städtische Museumskomplex zu finden. Drei Museen beherbergt das Gebäude:
- Archäologisches Museum
- Spezieria (Apothekenmuseum)
- Museum für zeitgenössische Kunst
Im Archäologischen Museum gibt es eine Abteilung für römische und etruskische Funde. Eine zweite Abteilung stellt Gegenstände aus dem Mittelalter aus.
Für mich als Apothekerin ist ein Apothekenmuseum ja immer von besonderem Interesse. Leider war der gesamte Museumskomplex zum Zeitpunkt unseres Besuchs wegen Corona geschlossen. Irgendwie habe ich in Italien immer Pech mit Apothekenmuseen. Auch in Parma war damals die Alte Spezerei geschlossen.
- Adresse: Via Folgore 11, San Gimignano
- Öffnungszeiten: Sommer 10 – 19:30 Uhr, Okt – Mrz 11 – 17:30
- Eintritt: 9 Euro (gilt auch für Torre Grossa, zwei Tage gültig)
Chiesa di Sant’Agostino
Von der Via Folgore biegen wir rechts ab, nachdem wir die Museen passiert haben. Nach wenigen Schritten erreichen wir die Piazza Sant’ Agostino. Hier erhebt sich die Kirche Sant’Agostino, die vom Bettelorden der Augustiner Ende des 13. Jahrhunderts errichtet wurde.
Die Architektur ist schlicht, doch die Fresken in der Chorkapelle lohnen einen Besuch im Inneren. In kräftigen Farben erstrahlt das Leben des heiligen Augustinus auf 17 Bildfeldern.
Links vom Chor führt eine Tür in den ruhigen, idyllischen Kreuzgang.
- Öffnungszeiten: 10 – 12 und 15 – 19 Uhr, im Winter abweichend
Die Wohntürme in San Gimignano
Nach dem Besuch der Augustinerkirche wenden wir uns wieder in die Richtung, aus der wir gekommen sind und folgen der Via della Romite Richtung Stadtkern. Nach links können wir über die Hügel der Toskana blicken. Schlanke Zypressen recken sich hoch und verleihen der Landschaft das typische Aussehen.
Rechts durch die Via del Castello erreichen wir die Piazza della Cisterna und damit das Zentrum der Altstadt. Die Piazza ist von schönen alten Häusern mit Bruchsteinfassaden umgeben. Über die Häuser erheben sich verschiedene Wohntürme: die Torri Ardinghelli der Familie Ardinghelli im Norden am Durchgang zur Piazza del Duomo und an der Nordfront der Torre del Diavolo. Um letzteren rankt sich die Legende, dass sein Besitzer nach längerer Abwesenheit zurückkehrte. Als er vor seinem Turm stand, kam er ihm höher als vorher vor. Das konnte ja nur mit dem Teufel zugegangen sein und seitdem trägt der Turm Torre del Diablo.
In der Mitte der Piazza steht die Zisterne, die im Mittelalter die Bevölkerung mit Wasser versorgte. Heute lassen sich eisschleckende Touristinnen und Touristen auf den Stufen des Brunnens nieder.
Wenden wir uns an der nordwestlichen Ecke des Platzes nach rechts gelangen wir zur Piazza del Duomo, die von den Torri Salvucci, dem Torre Grossa und dem Torre Rognosa umrahmt werden.
Von der Piazza aus nach links begrüßt uns der Torre Becchi über dem Stadttor Arco dei Becchi und etwas weiter hinunter der Torre Cugnanesi.
Piazza del Duomo
Wir gehen zunächst zur Piazza del Duomo, deren Name so etwas wie eine Amtsanmaßung ist, denn San Gimignano war nie Bischofssitz. Das tut dem Zauber der Platzes aber keinen Abbruch.
Links von uns steht der Palazzo del Popolo, der mit zahlreichen Wappen der einst einflussreichen Familien geschmückt ist. Die Doppelbogenloggia war die erste ihrer Art in der gesamten Toskana. Nach ihrem Beispiel wurde die Loggia dei Lanzi in Florenz erbaut. Über dem Palazzo erhebt sich der Torre Grossa, mit 54 Meter Höhe der höchst aller Türme im Ort. Es war verboten, einen höheren Turm zu errichten. Wer die 253 Stufen bis zur Aussichtsplattform nicht scheut, wird mit einem schönen Rundblick über die Dächer von San Gimignano belohnt.
Im Palazzo del Popolo befindet sich als Teil der Städtischen Museen die Pinakothek, in der Fresken vom 13. bis zum 15. Jahrhundert zu bewundern sind.
- Pinacoteca, Palazzo del Popolo, San Gimignano
- Öffnungszeiten: 9:30 – 19 Uhr, Nov – Feb 11 – 17:30 Uhr, Mrz 10 – 17:3o Uhr
- Eintritt: 9 Euro (Sammelticket Städt. Museen und Torre Grossa)
An der Ostseite der Piazza del Duomo steht die namensgebende Kirche, die Basilica Santa Maria Asunta. Der romanische Bau aus dem 12. Jahrhundert wirkt schlicht. Im Inneren hingegen entfaltet sich die Pracht von großflächigen Fresken. Die Kapelle der Stadtpatronin Santa Fina wurde von Ghirlandaio gestaltet.
Wem der Sinn nach noch mehr sakraler Kunst steht, kann das nebenan liegende Museo d’Arte Sacra besuchen.
- Öffnungszeiten: Mo – Fr 10 – 19, Sa 10 – 17, So 12:30 – 19; im Winter abweichend
- Eintritt: Dom 4 Euro, Museum 3,50 Euro, Kombiticket 6 Euro
Gegenüber der Basilika gähnt ein riesiger Torbogen in der Fassade des Palazzo della Podestà. Schon im 16. Jahrhundert wurde der Regierungssitz in ein Theater umgebaut. Natürlich wird auch der Palazzo delle Podestà standesgemäß von einem eindrucksvollen Turm geschmückt, dem Torre Rognosa.
Stadttor Porta San Giovanni
Von der Piazza del Duomo kehren wir wieder zurück, passieren noch einmal die Piazza della Cisterna und laufen die Via San Giovanni hinunter. Der Arco dei Becchi markiert den Ort des ersten Stadtwalls aus dem 10. Jahrhundert. Kleine Läden mit Souvenirartikeln und örtlichen Spezialitäten wie Wildschweinsalami säumen die Straße, auf der die Bustouristen üblicherweise in den Ort strömen. Dank Corona geht es jedoch zur Zeit unseres Aufenthalts sehr entspannt zu, die Massen bleiben aus.
Zwei der drei in San Gimignano ansässigen Foltermuseen liegen ebensfalls an der Via San Giovanni, das dritte befindet sich an der Piazza della Cisterna. Diese Museen sind in der gesamten Toskana offensichtlich der große Hit.
Die Porta San Giovanni ist das südlichste und das schönste der Stadttore. Es stammt aus dem Jahr 1262. Über der mächtigen, schmucklosen Mauer kragt das Torhaus mit seinen filigranen Renaissance-Bögen zierlich hinaus.
Museum San Gimignano 1300
Auf unserem Rückweg ins historische Zentrum entdecken wir das Museo San Gimignano 1300 in einer Seitenstraße zur Piazza del Duomo.
Hier zeigt ein liebevoll bis ins Detail ausgearbeitetes Modell, wie der Ort im Jahr 1300 ausgesehen hat. 72 Türme (wir haben nicht nachgezählt) und viele andere historische Gebäude lassen einen plastischen Eindruck des Mittelalters entstehen.
- Adresse: Via Costarella 3, San Gimignano
- Öffnungszeiten: 9 – 19 Uhr
- Eintritt: 5 Euro
Rocca di Montestaffoli
Hinter der Basilika geht es über die Piazza delle Erbe hinauf zu den Ruinen der Festung Rocca di Montestaffoli. Sie wurde 1353 von den Medici errichtet, um zwei Jahrhunderte später von ihnen wieder geschleift zu werden.
Neben den Resten der Festungsmauern steht noch ein Turm, den wir besteigen, um die Aussicht über den Ort und die toskanische Landschaft zu genießen.
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Infos für den Besuch in San Gimignano
Anfahrt
San Gimignano ist am besten mit dem Auto zu erreichen. Es liegt 50 Kilometer von Florenz und 40 Kilometer von Siena entfernt. Es gibt mehrere große, kostenpflichtige Parkplätze südlich und nördlich des historischen Zentrums.
Da San Gimignano ein Touristenmagnet ist, empfehlen wir dir einen Besuch in der Nebensaison. Es ist sicher auch vorteilhaft, möglichst früh am Tag zu kommen.
Zugverbindungen nach San Gimignano gibt es nicht. Von Florenz und Siena fahren mehrmals täglich Fernbusse.
Unterkunft
Da wir selber nicht in San Gimignano übernachtet haben, können wir keine Unterkunftsempfehlung abgeben. Viele Besucherinnen und Besucher kommen für einen Tagesausflug hierhin. Der Ort ist klein und übersichtlich und lässt sich gut in einem Tag erkunden.
Falls du in San Gimignano übernachten möchtest und mit dem Auto anreist, solltest du eine Unterkunft außerhalb des Ortskerns wählen. Ansonsten warten hohe Parkgebühren auf dich.
Unsere Unterkünfte buchen wir meistens über Booking*.
Essen und Trinken
Weltberühmt ist die Gelateria Dondoli an der Piazza della Cisterna. Mehrere internationale Preise hat der Inhaber für seine Eiskreationen schon gewonnen. Es lohnt sich also, sich in die lange Warteschlange einzureihen.
- Gelateria Dondoli, Piazza della Cisterna 4, San Gimignano
In der kleinen Trattoria Rigoletto außerhalb des Stadttores San Giovanni haben wir sehr lecker und günstig zu Mittag gegessen. Es gibt nur eine Handvoll Tische in dem Lokal und eine Speisekarte mit Spezialitäten aus der Toskana.
- Trattoria Rigoletto, Via Roma 23, San Gimignano
Touristeninformation
Die Touristeninformation von San Gimignano befindet sich an der Piazza del Duomo.
- Öffnungszeiten: 10 – 13 und 15 – 19 Uhr, Winter 10 – 13, 14 – 18 Uhr
- Webseite auf Englisch und Italienisch: Touristeninfo San Gimignano
Das ist aber ein sehr interessantes Städtchen! Und der Vergleich mit Manhattan passt.
LG
Sabiene
Nicht wahr?
Die haben sogar noch Twin Towers…
Liebe Grüße
Gina und Marcus
Ein interessanter und sehr umfassender Beitrag, der Lust macht, selbst diese hübsche Stadt zu besuchen. Wir hatten es zwar bei unserem letzten Toskana-Aufenthalt vor, haben es aber nicht geschafft. Vielleicht klappt es doch noch einmal, dann haben wir ja bereits die Informationen aus Eurem Blogartikel.
Liebe Grüße Marie
Danke, liebe Marie.
San Gimignano ist wirklich ganz entzückend und können einen Besuch sehr empfehlen.
Aber es ist ja so, dass man nie alles sehen kann, egal auf welcher Reise. Daher seid nicht traurig, dass ihr es nicht geschafft habt. Dafür habt ihr ja andere schöne Eindrücke gewonnen.
Liebe Grüße
Gina und Marcus
Ein wunderbar zu lesender Beitrag, der gleichzeitig informiert, nachdenklich macht und anschubst einen Trip zu starten. Vielen Dank dafür!
Gruß Alisa
Vielen Dank für das schöne Feedback!
Gruß Gina und Marcus