Aktualisiert am 16/05/2020 von Gina

*Pressereise*

Wolfenbüttel ist ein kleines hübsches Fachwerkstädtchen, das sich gut zu Fuß erkunden lässt. Der deutsche Dichter Gotthold Ephraim Lessing lebte und arbeitete dort während der letzten Jahre seines nicht allzu langen Lebens. So bietet sich ein Stadtrundgang auf Lessings Spuren an. Die 5 besten Sehenswürdigkeiten von Wolfenbüttel haben wir bereits bei einem früherem Besuch erkundet.

rot-weißes Fachwerkhaus in wolfenbüttel.

Fachwerkhaus in Wolfenbüttel.

Mit der Wolfenbüttel-App auf Lessings Spuren durch die Stadt

Dazu hat sich die Tourist-Information der Stadt Wolfenbüttel etwas Originelles einfallen lassen. In der Wolfenbüttel-App gibt es eine interaktive Führung unter dem Titel „Lessing lebt!“

In eine Rahmengeschichte eingebettet führt die liebevoll gestaltete Tour zu den Lebens- und Wirkungsstätten Lessings. An jeder Station gibt es einen kleinen Film, der den Hintergrund erläutert. Wenn du dann eine Quizfrage richtig beantwortest, werden weitere Inhalte freigeschaltet, die aus Videos, Podcasts oder kleinen Texten bestehen. Hier erfährst du auf lebendige Art und Weise noch mehr aus Lessings Leben.

Hast du Lust, uns auf dem interaktiven Stadtrundgang zu begleiten? Dann komm mit!

Station 1: Das Schloss von Wolfenbüttel

Station 1 des interaktiven Stadtrundgangs führt zunächst in die Rahmenhandlung ein.

Dargestellt durch Playmobil-artige Figuren lernen wir Jan und seine Oma Erika kennen. Jan ist ein vom Vorabi-Stress geplagtes Nervenbündel, den seine Eltern erbarmungslos sich selbst überlassen haben, um in verschiedenen Missionen in der Welt herumzugondeln. Verzweifelt ruft er seine Oma Erika in Wolfenbüttel an. Die kann ihm zwar nicht die gewünschte Biologie-Nachhilfe geben, wird aber hellhörig, als er über seine Schwierigkeiten in Deutsch jammert. Dass es sich beim von Jan „Gandalf der Weiße“ genannten Werk um Lessings Nathan der Weise handelt, wird ihr schnell klar und sie lädt ihren Enkel nach Wolfenbüttel ein.

Hof mit weißen Säulengängen, roter Fassade und großem Baum.

Im Innenhof des Wolfenbütteler Schlosses.

Als nächstes sehen wir die beiden Figuren im Innenhof des Wolfenbütteler Schlosses stehen. Durch Schwenken des Handys können wir den Hof mit seinen rotbraunen Arkaden in einem 360 Grad Panorama-Video anschauen. Oma Erika erzählt, dass Lessing vom Braunschweiger Hof aus nach Wolfenbüttel geschickt wurde, um hier die vernachlässigte Bibliothek wieder aufzubauen und zu pflegen. Zunächst wohnte er mangels Alternativen im verwaisten Schloss. Fünf Jahre war er mit Eva König verlobt, die zu dieser Zeit in Wien wohnte.

Nachdem wir die folgende Frage richtig beantwortet haben, öffnet sich der Zugang zur nächsten Station der Erlebnis-Stadtführung.

Zunächst schauen wir uns aber die Zusatzinformationen zur ersten Station an, die nun auch freigeschaltet sind.

Da sehen wir eine Version von Emilia Galotti in einem Video von Sommers Weltliteratur to go. Mit Hilfe von Playmobilfigürchen wird Lessings Klassiker in kompakten zehn Minuten unterhaltsam zusammengefasst.

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Weiter gibt es einen kurzen Podcast eines fiktiven Briefs einer Freundin und Verehrerin von Lessing sowie eine Einführung in die höfischen Sitten am Hof des Herzogs.

Station 2: Das Meißnerhaus

Nachdem wir uns das unterhaltsame Material zu Gemüte geführt haben, gehen wir hinüber zum Meißnerhaus. Hier hat Lessing nach der Heirat mit Eva König 1776 gewohnt, bis das für die Familie Lessing vorgesehene Wohnhaus, das Lessinghaus, fertig renoviert war. Diese Zeit bezeichnete Lessing später als das glücklichste Jahr seines Lebens.

In der Rolle von Eva König berichtet Erika über die Fernbeziehung, die mangels WhatsApp oder Skype mit Briefen geführt wurde. Außerdem erzählt sie von Lessings Freunden, mit denen er regen Austausch pflegte. Einer davon war der jüdische Philosoph Moses Mendelssohn.

Im durch die Quizfrage freigeschalteten Zusatzmaterial erfahren wir in Facebook-artigen Steckbriefen etwas über verschiedene Freunde Lessings.

In einem Podcast kommt der Dichter selber zu Wort und berichtet, dass er die Freimaurer wegen ihres aufklärerischen Ansatzes bewunderte. Nachdem es ihm gelungen war, in eine Freimauerer-Loge aufgenommen zu werden, war er ziemlich ernüchtert. In Folge dessen schrieb er das Werk „Ernst & Falk“, eine Art Faktencheck über die Freimaurer.

Schließlich gibt es noch einen Text, der das glückliche Familienleben im Meißnerhaus beschreibt.

Station 3: Herzog August Bibliothek

Auf geht’s zur dritten Station unseres interaktiven Stadtrundgangs.

Wieder in einem 360 Grad Panoramavideo begleiten wir Erika und Jan im stattlichen Bau der Herzog August Bibliothek. Dieses Gebäude hat Lessing nie erlebt. Das ursprüngliche Bibliotheksgebäude, die Rotunde wurde baufällig und im 19. Jahrhundert durch das heutige neoklassizistische Gebäude ersetzt.

Neoklassizistische Front der Bibliothek in Wolfenbüttel.

Die Bibliothek in Wolfenbüttel

Lessing arbeitete hier nicht, weil er den Beruf so toll fand. Seine Karriere als Schriftsteller war noch nicht so richtig ins Laufen gekommen, und so musste ein Brot-Job her. Dennoch hat er gute Arbeit in der Bibliothek geleistet. Sein System der Katalogisierung wird teilweise heute noch verwendet.

Nach der wirklich nicht schwierigen Quizfrage zum Beruf Lessings werden die Zusatzangebote freigeschaltet.

In einem Podcast erzählt in schönstem Käpt’n-Blaubär-Hamburgerisch Hermann Reimarus von seiner Bibelkritik. Als Gymnasiallehrer konnte er sie zu Lebzeiten nicht äußern. Lessing veröffentlichte sein Werk nach seinem Tod unter dem Titel “ Fragmente eines Ungenannten“.

Ferner erfahren wir etwas über die Geschichte der Bibliothek und heutige Mitarbeiter werden vorgestellt.

Station 4: Das Lessinghaus

Zwei Playmobil-Figuren vor dem gelben Haus.

Oma Erika und Enkel Jan vor dem Lessinghaus     Foto: Stadt Wolfenbüttel

Ganz nahe an der Bibliothek steht das Lessinghaus, die Dienstwohnung des Bibliothekars. Im Panorama-Video sehen wir Oma und Jan erst im Hof, später im Arbeitszimmer Lessings. Wir erfahren, dass kurz nach dem Umzug der Familie Lessing Ende 1777 Eva den Sohn Traugott zur Welt brachte. Doch dieser starb kurz nach der Geburt, und Anfang Januar 1778 folgte ihm Eva in den Tod. Das kurze Familienglück Lessings war schon wieder vorbei.

Während seiner Trauer verfasst Lessing das Theaterstück „Nathan der Weise“, das eine verkappte Religionskritik war. Offen die Religion zu kritisieren hatte ihm nämlich mittlerweile sein Dienstherr, der Herzog untersagt.

Im freigeschalteten Podcast hören wir den traurigen Brief, in dem Lessing seinem Freund Eschenburg den Tod von Sohn und Frau mitteilt.

Ein Text informiert über die Hintergründe von Nathan der Weise.

Und ein Video aus Michael Sommers Weltliteratur to go bringt uns das Theaterstück in 10 Minuten nahe.

Station 5: Die Hauptkirche

Blick durch Straße mit Fachwerkhäuseren auf die Kirche.

Der Turm der Hauptkirche ragt am Kornmarkt empor

Station 5 unseres Stadtrundgangs führt uns in die Hauptkirche am Kornmarkt, die erste protestantische Großkirche überhaupt. Das einführende Panorama-Video zeigt uns Erika und Jan im Inneren des prächtigen Gotteshauses. Oma Erika berichtet von dem Aufruhr, den Lessings aufklärerische Schriften, vor allem die „Fragmente eines Ungenannten“ hatten. Es kam zu einem heftigen öffentlichen Streit mit dem Hamburger Hauptpastor Goeze. Schließlich griff der Herzog ein und verbot Lessing, sich zu Religionsdingen zu äußern. Daraufhin verlegte dieser das Thema von der Kanzel auf die Theaterbühne und schrieb Nathan der Weise als Parabel für religiöse Toleranz.

Im freigeschalteten Zusatzmaterial hören wir zunächst in einem Podcast, wie sich Goeze über Lessing ereifert und bekommen so einen lebendigen Eindruck vom Zeitgeist.

In einem Artikel erfahren wir mehr über die Details der Kirche und deren Hauptpastor Reß, der ebenfalls im Religionsstreit heftig mit Lessing aneinander geriet.

Im Untergeschoss der Hauptkirche befindet sich die Grablege der Welfenfürsten, über die ein weiterer Artikel informiert.

Im letzten Podcast dieser Station lauschen wir einem Chorgesang des Liedes „Es ist ein Ros‘ entsprungen“. Es stammt aus der Feder vom Michael Prätorius, der als Kammerorganist und Hofkapellmeister beim Hof des Herzogs angestellt war.

Der Höhepunkt ist wieder ein Video aus Sommers Weltliteratur to go. Das Stück „Die Juden“ hat Lessing bereits im Alter von 20 Jahren verfasst.

Die letzten Stationen des Stadtundgangs

Die letzten drei Stationen des interaktiven Lessing-lebt-Rundgangs fallen eher unter den Begriff „Lessing lebt nicht mehr“ und sind im benachbarten Braunschweig zu finden. Dort stehen Lessings Sterbehaus, ein im 19. Jahrhundert errichtetes Denkmal und sein Grab, das ebenfalls erst im 19. Jahrhundert mit einem Grabstein versehen wurde.

Playmobilfigur auf grünem Friedhof neben Grab.

Jan sucht Lessings Grab in Braunschweig auf     Foto: Stadt Wolfenbüttel

Da wir nicht mehr die Zeit haben, nach Braunschweig zu fahren, führen wir uns die letzten drei Stationen nur virtuell zu Gemüte. So bekommen wir ebenfalls einen guten Eindruck und es gibt natürlich wieder zu jeder Station informatives und unterhaltsames Zusatzmaterial.

Nach Braunschweig haben wir es ja nicht geschafft. Wenn du einen Eindruck von der Löwenstadt bekommen willst, schau doch mal hier bei Vanessa.

Unser Eindruck vom interaktiven Stadtrundgang

Wir waren sehr begeistert von dieser originellen Idee. Auf unterhaltsame Art und Weise wurde uns das Leben und Werk von Lessing nahegebracht. Durch die verschiedenen Stationen hat der Stadtrundgang den Charakter einer Schnitzeljagd.

Auch dass man weitere Informationen durch Beantworten einer Quizfrage freischalten konnte, hat uns gut gefallen. Die Fragen waren einfach zu lösen, aber dennoch hat man das angenehme Gefühl, etwas geschafft zu haben.

Die Zusatzinformationen sind unterhaltsam und abwechslungsreich. Schon allein dadurch, dass mit Videos, Bilder, Texte und Podcasts ein ganz unterschiedliches Angebot da ist, findet jeder etwas passendes für sich.

Die Stationen in Wolfenbüttel liegen alle ziemlich zentral und nahe beieinander. Wenn genug Zeit da ist, könnte man auch die Stationen in Braunschweig aufsuchen. Das haben wir nicht gemacht, aber durch die Videos und Texte haben wir dennoch das Gefühl, diese Stationen kennengelernt zu haben.

Einzig an der Technik sollten die Ersteller der App noch arbeiten. Wir hatten auf mehreren mobilen Endgeräten unterschiedliche Darstellungsprobleme. Mal ging das Panoroma-Video nicht, mal fehlte der Ton. Durch Kombination unserer Smartphones konnten wir dann doch alle Medien anschauen und anhören. Was auf dem einen nicht funktionierte, ging auf dem anderen.

Insgesamt eine super Idee, die sicher auch gut für Familien und Kinder geeignet ist.

Weitere Informationen, was du in Wolfenbüttel alles erleben kannst erhältst du auf der Seite der Tourist-Information Wolfenbüttel.

Offenlegung: Unser Wochenende in Wolfenbüttel wurde von der Stadt Wolfenbüttel unterstützt, die uns die Übernachtung bezahlte. Ganz herzlichen Dank dafür!